Guten Tag,
whaepp hat geschrieben:Hallo Gemeinde,
Meine Frage daher: gibt es irgendwo Statistiken
bspw. auf der Zeitachse (x Störungen in 24 Stunden) oder der Entfernungsachse (x Störungen pro 1000 km).
Solche Statistiken dürfte jedes Verkehrsunternehmen haben und auch die Besteller (Verkehrsverbünde). Allerdings wird sie kaum jemand veröffentlichen. Außerdem wird in der Hektik bei der Störung oftmals schnell irgendeine Ursache notiert, die nicht oder jedenfalls nicht alleine korrekt ist. Insbesondere bei Störungen der Technik hält man sich sehr bedeckt: Niemand gibt gerne zu, daß er Murks gebaut hat, und niemand gibt gerne zu, daß er Murks gekauft hat.
Ich habe keine Daten dazu, nur ein paar Erfahrungswerte, bevorzugt aus Dresden (ca. 140 Straßenbahnen an Mo-Fr tagsüber unterwegs). Auf der Webseite
http://www.dvb.de gibt es einen Punkt "Aktuelle Störungen", über den man sich die Störungen auf der Webseite von Twitter ansehen kann (auch rückwirkend für mehrere Tage). Ein Account ist dafür nicht nötig. Erfaßt werden dort allerdings auch nur die länger dauernden, oft ohne Angabe der Ursache und nur tagsüber (ca. 6:00-23:00).
Personen im Gleisbereich
Das ist bei Straßenbahnbetrieb keine Störung, sondern alltägliche Praxis. Gilt nicht nur für Personen, auch für Tiere (bevorzugt Wildschweine).
Als Störung -mit Streckensperrung- gibt es das nur bei Eisenbahn, S-Bahn, U-Bahn und bei Stadtbahnbetrieb in Tunneln und auf Hochbahnstrecken.
Es gibt lediglich den Fall, daß jemand absichtlich immer wieder auf die Gleise geht, entweder in Suizid-Absicht oder unter Drogeneinfluß. Beides zum Glück sehr selten, wohl nur alle paar Monate.
Dazu zählen kann man aber auch Demonstrationen/Kundgebungen und Sportveranstaltungen (Citylauf, organisiertes Inline-Skaten, Radsportveranstaltungen). Ersteres bevorzugt an Samstagen, Sport meist Sonntags oder Freitag abend und nur in der Sommersaison. Störungsdauer ist meist 1h bis 3h, wobei sich die Störung durch die Stadt bewegt und daher nacheinander an unterschiedlichen Stellen Blockaden von je 10min-20min verursacht. Es kann den selben Zug innerhalb von 2h mehrmals betreffen, und auch umgeleitete Züge müssen oft eine "Umleitung der Umleitung" fahren.
festgefahrene PKW/LKW im Gleisbereich
Defektes Fahrzeug, das leider im Gleisbereich steht: sehr selten.
Kraftfahrer hat ins Schotterbett gelenkt und versucht, dort weiterzufahren, ist aber steckengeblieben: öfter, wohl alle paar Wochen. Die Bergung dauert meist 1-2h.
Viel häufiger sind dagegen Falschparker. Das ist freilich von der Strecke abhängig. Auf manchen tritt das Problem nie auf, auf anderen mehrmals pro Woche (in Dresden bevorzugt Linie 13 in der Görlitzer Straße durch Pkw/Kleintransporter, Linie 11 durch Busse auf der Bautzner Straße am berühmten "Milchladen", dies nahezu nur am Wochenende). Störungsdauer ist meist 5-30min.
Ähnlich zu Kundgebungen/Demos gibt es auch Autokorsos. Sowohl als politische Demo als auch als Hobby-Veranstaltung (Trucker, Motorradfahrer) und nach Sportveranstaltungen (letztens Fußball-WM). Die Wirkung als Verkehrsstörung ist ähnlich wie bei Demos, nur daß es lauter ist, mehr stinkt und selbst wieder Unfälle erzeugt.
Verkehrsunfall ohne Beteiligung ÖPNV
Mehrmals pro Woche. Wenn es nur Blechschaden ist, dann wird meist innerhalb weniger Minuten geräumt. Bei Personenschaden oft 1-2h Störung.
Die Häufung ist übrigens nicht in der Hauptverkehrszeit, sondern nachts und am Wochenende, wenn wenig Verkehr ist und entsprechend gerast wird.
Verkehrsunfall mit Beteiligung ÖPNV
Weniger als 1 Fall täglich (die DVB schrieben vor kurzem in der Zeitung von etwa 180 Unfällen dieses Jahr im ersten halben Jahr, dabei sind aber m.W. auch die Busse enthalten). Der Anteil der schuldhaften Unfälle liegt dabei übrigens unter 10%, aber das hat auf die Störung erstmal keinen Einfluß.
anderer (Un-)Fall
z.B. Feuerwehreinsatz, der zur Blockierung der Strecke führt (auch durch quer über die Straße verlegte Wasserschläuche). Kommt gelegentlich vor, aber wohl seltener als 1 mal pro Woche.
abgerissene Oberleitung
Von alleine/durch technischen Defekt, z.B. an einem Stromabnehmer, oder umgekippter Baum: selten, wohl nur alle paar Monate. Bei sehr schwerem Unwetter (1 bis 3 mal im Jahr) allerdings auch mal mehrere Bäume verteilt zur gleichen Zeit im Netz. Beim gleichen Anlaß dann auch oft Sperrung einzelner Abschnitte wegen Überflutung.
Reparatur Oberleitung meist 1-3h, Überflutung ist oft schon nach 30min wieder weg.
Abgerissene Oberleitung durch Lkw: Ist ortsabhängig. Manche Betriebe kennen das Problem fast gar nicht, andere haben es regelmäßig vor allem an Brückendurchfahrten, wo die Fahrleitung ziemlich niedrig hängt. Da gibt es Stellen, wo so etwas alle paar Wochen vorkommt.
Stromausfall
Störung eines GUW oder von dessen Versorger. Ist ziemlich selten und wird meist in wenigen Minuten ausgeglichen, indem die benachbarten Abschnitte die Einspeisung mit übernehmen. Als längere Störung (30min und mehr) nur wenige Male im Jahr.
defektes Schienenfahrzeug
Täglich ca. 15-25 Fälle. Das meiste davon sind aber Dinge, die nur zu einer Verzögerung um wenige Minuten führen (defekte Entwerter und Fahrkartenautomaten, Glühlampen der Außenbeleuchtung, Türstörung).
Schäden, die ein Abschleppen/Abschieben erfordern (und damit meist auch einen zweiten Zug aus dem Rennen nehmen): deutlich seltener, nicht täglich, vielleicht 2-3mal pro Woche.
Wie andere schon schrieben ist das sehr vom Wetter abhängig. Besonders heiße Sommertage steigern die Ausfallquote moderner Technik. Im Winter gibt es das Phänomen Eisregen, aber nur alle paar Jahre. Das kann zum Totalausfall des gesamten Netzes führen, meist für ein paar Stunden, im Extremfall für einige Tage.
Schranken-/Signalstörung
Mehrmals pro Woche. Allerdings ist das im Straßenbahnbetrieb nicht so kritisch: Gewöhnlich wird auf Sicht und nach Funkanweisung der Leitstelle weitergefahren, sodaß es nur Verzögerungen von wenigen Minuten gibt. Bei ausgefallenen LSA ist die Straßenbahn oft sogar schneller als wenn die LSA in Betrieb wäre.
Nahe verwandt ist auch die Weichenstörung: Bei Straßenbahn unkritisch. Es wird von Hand gestellt und vorsichtig drüber gefahren. Bei Stellwerksstörung signalisierter Bahnen kommt es dagegen manchmal zum Stillstand ganzer Knotenpunkte, manchmal für mehrere Stunden.
Personalmangel
Kommt oft als Folge anderer Störungen vor: Ablösungen funktionieren nicht mehr wegen Umleitung, oder jemand darf nicht weiterfahren wegen Lenkzeitüberschreitung.
Natürlich verschläft es auch mal jemand, aber das wird morgens in den Betriebshöfen mittels Bereitschaftsdiensten weitgehend abgefangen.
Auch Krankmeldung im Dienst gibt es, je nach Wetterlage mehrmals wöchentlich.
whaepp hat geschrieben:
Auch persönliche Einschätzungen würden mir ersatzweise weiterhelfen.
Betrachten wir das mal als solche.
Grüße,
Jan B.